Erfahrungsbericht „Ehrliches Mitteilen“ in Extremsituation
Mutter verjagt männlichen Angreifer im Supermarkt!
Lieber Gopal, du sagtest, du interessierst dich für EM in unsicheren Situationen. Hier ist meine. Ich kann mich nicht mehr an alle Details erinnern und auch nicht an die genauen Worte. In etwa hat es sich so zugetragen: Ich war am Ostersamstag mit meinem 16 jährigen Sohn einkaufen. Der Laden war relativ voll. Wir hatten uns links an eine der drei Kassen angestellt und ganz rechts machte die vierte Kasse auf. Mein Sohn sprang locker flockig an die andere Kasse, ich mit dem Wagen hinterher.
Vor ihm der Mann an der neuen Schlange fühlte sich offensichtlich belästigt, machte sich lautstark Luft und eine Armbewegung, eh was willst du Alter, komm mir nicht zu nah. Mein Sohn sprang sofort zurück, hielt Abstand und entschuldigte sich. Der Mann hörte nicht auf, meinen Sohn zu beschimpfen und gestikulierte wild, statt sich zu beruhigen, wurde eher aggressiver. Inzwischen ging es an der Kasse voran und ich war mit dem Einkaufswagen nachgefolgt, der jetzt zwischen uns und diesem Mann stand. Plötzlich nahm der Mann seinen Einkaufswagen und rasselte ihn mit Gewalt gegen unseren. Ich fühlte mich sehr gestresst und überfordert mit dieser Situation. Mein Herz klopfte wild und mein Körper zitterte. Ich hatte Angst und wusste nicht, wie ich reagieren sollte. Es ging weiter in der Schlange. Der Mann war inzwischen an der Kasse angekommen aber hörte nicht auf, meinen Sohn verbal zu attackieren. Mein Sohn hatte sich inzwischen noch ein paar mal erfolglos entschuldigt. Ich spürte eine große Anspannung in meinem Körper und wollte, dass das aufhört. Ich holte tief Luft und schrie so laut und so hoch, wie ich konnte Aaaaaaaaaaaaaaaah. Danach war Ruhe im Laden. Ich sah den Mann an und sagte ich habe Angst und mein ganzer Körper zittert. Ich drehte mich zur Schlange neben mir und wiederholte noch einmal, dass ich Angst habe. Ein Mitarbeiter kam auf mich zu und fragte, was passiert ist. Ich erzählte es in kurzen Worten. Der Mitarbeiter sagte mir, dass ich jederzeit Schutz im Laden suchen könne. Dann drehte ich mich wieder zur Kasse. Die Artikel des Mannes lagen noch auf dem Band, aber der Mann war verschwunden. Ich war erstaunt. Als die Artikel abgeräumt waren, war ich an der Reihe und der Kassierer sagte zu mir: das haben sie richtig gemacht. Und: Sie können aber laut schreien. 😂 Er gab mir dann noch den Tipp, ein bisschen im Laden zu bleiben und mich zu beruhigen bevor ich gehe und falls irgendwas sein sollte, dass ich jederzeit wieder reinkommen könne. Das habe ich dann auch gemacht. Während wir am Ausgang warteten, kamen etliche Leute an uns vorbei. Mehrere bekundeten ihre Sympathie, dass sie es richtig und mutig fanden, wie ich gehandelt habe. Als wir den Laden verließen, war die Luft rein. Ich hatte ja Angst, dass der Typ da noch ist und auf mich losgeht, aber alles war gut. Stattdessen sprach mich ein Mann an und sagte, dass er alles genau gesehen hat, was passiert ist und dass er es gut fand, wie ich reagiert habe. Das hat mich sehr beruhigt. Wir sind ohne weitere Zwischenfälle nach Hause gekommen und damit ist die Geschichte beendet.
Ein paar Worte zu mir: ich praktiziere seit August 2020 das „Ehrliche Mitteilen„, also fast zwei Jahre. Ich habe eine eigene regelmäßige Gruppe und praktiziere es sonst auch immer mal, wenn es sich anbietet oder ich es brauche. Ich kann ganz klar sagen, ohne das hätte ich nicht den Mut gehabt, meine Angst da so rauszuschreien. Ich wusste, dass mir nichts passieren kann und dass ich mich hinterher vermutlich besser fühlen würde. Ich bin sehr froh, dass ich meinen Sohn ohne körperliche Gewalt anzuwenden beschützen konnte. Das was da passiert ist, ist auch nichts, was mein Verstand abgewogen oder entschieden hat. Ich habe mich von meinem Körper führen lassen. Im Chaos ist kein Platz für Diskussionen, heißt es so schön in einem Song der Rockband Killerpilze. Ich bin erstaunt, wie sich diese Situation aufgelöst hat. Für mein Unterbewusstsein war das eine lebensgefährliche Situation. Normalerweise reagiere ich in solchen Situationen mit Erstarrung oder Flucht. Das ist das erste Mal, dass ich einen anderen Weg gegangen bin und mich zur Wehr gesetzt habe. Ich bin dankbar, dass es das EM gibt und dass es einen Weg in mein Leben gefunden hat! Ich hoffe, dass noch ganz viele Menschen den Weg dahin finden und positive Erfahrungen damit sammeln können.
Kommentar: Ein aus mehreren Gründen unglaublicher Bericht, bzw. eine außergewöhnliche Leistung was Selbstverteidigung und Kommunikation angeht. Das was hier insbesondere heraussticht ist die Kombination von Selbstverteidigung (lautes Schreien) mit anschließender Kommunikation! Das ist etwas was normalerweise kaum zusammen möglich ist. Wenn man im Kampfmodus ist besteht eher die Tendenz auf dieser Ebene weiterzumachen, also immer weiter zu eskalieren und auf den Gegner los zugehen. Umso erstaunlicher wie gesagt, dass hier beides stattgefunden hat. Generell geht es in solchen tatsächlich gefährlichen Situationen darum sich maximal zu schützen und das heißt in erster Linie Flucht. „Ehrliches Mitteilen“ übt man in sicheren Umgebungen, wie Freunden oder Partnern usw. Ich veröffentliche trotzdem solche Berichte um die Macht des EM zu demonstrieren.
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